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Die Tafeln der Reichen und die Kost der Armen

Willamus de Dorswilwre

 

Es ist nicht einfach, etwas über die tägliche Kost der großen Masse zu erfahren. Die Armen haben keine Archive hinterlassen, und die uns überlieferten Rechnungen für Küche und Vorräte geben vor allem Aufschluß über den Adel, im besten Fall auch über das Bürgertum. Kam ein Notar zufällig in ein Bauernhaus, um ein Nachlaßinventar zu erstellen, war die Ausbeute gering, denn ihn interessierten nur Gegenstände von einigem Wert, die bei Bauern natürlich selten zu finden waren. Und auch Vorräte an Getreide oder Öl blieben in einer Welt, in der nicht einmal das tägliche Brot unbedingt gesichert war, eine Seltenheit. Kochbücher entstanden ebenfalls im Umfeld des Adels und vermitteln daher wenig Information über die Ernährungsweise der Bauern, die ja zumeist Analphabeten waren. Wenn ein Autor sich für die Nahrung der Armen interessierte, machte er sich in der Regel darüber lustig oder verspottete Neureiche, die an ihren Eßgewohnheiten festhielten und so ihre bäuerliche Herkunft verrieten. Die Archäologie führt uns hier weiter. Ausgrabungen, die in den letzten Jahren unternommen wurden, haben es uns ermöglicht, das Leben und Umfeld ganzer Dörfer in Burgund oder in der Provence zu rekonstruieren. Solche Beispiele sind jedoch selten, denn die heutigen Dörfer überdecken die mittelalterlichen Spuren. Nur Siedlungen, die während der Krisen am Ende des Mittelalters verlassen wurden, können wir heute archäologisch untersuchen. Doch dank dieser Ausgrabungen und der vorhandenen schriftlichen Quellen kann man rekonstruieren, wie die Alltagskost der Bevölkerungsmehrheit aussah. Man erhält dabei einen Eindruck davon, wie ungesichert die Versorgung mit dem Nötigsten zu jener Zeit war.

Ein stets gefährdetes Gleichgewicht

Im 14. und 15. Jahrhundert hatten nicht alle Menschen die Sicherheit, daß sie sich ausreichend ernähren konnten. Nach den goldenen Jahren des Hochmittelalters (11.-13. Jahrhundert) traten immer häufiger Hungersnöte auf, verursacht durch eine Klimaabkühlung und ein stärkeres Bevölkerungswachstum bei gleichbleibenden Bodenressourcen. Dazu kamen noch die Verwüstungen im Laufe des Hundertjährigen Krieges und die hohe Steuerlast während dieser Zeit. Mit der Hungersnot von 1315 bis 1317 begannen die schweren Jahre. Im Florez gab es zwischen 1321 und 1343 nicht weniger als sieben Hungersnöte, doch war dies nur die erste Welle einer unheilvollen Zeit, die etwa bis 1380 dauerte. Nach 1410 wurde die Gesellschaft, die durch den Krieg und schwere Epidemien in Auflösung geraten war, aufs neue von Hungersnöten heimgesucht, so daß die Jahre zwischen 1440 und 1450 "der Tiefpunkt der gesamten Epoche waren, sowohl im Hinblick auf die Bevölkerungszahl als auch im Hinblick auf die Produktion".'

Da die Zahl der Menschen, die zu ernähren waren, dramatisch abgenommen hatte (die Bevölkerungszahl in Frankreich hatte sich von 1300 bis 1450 etwa halbiert), verbesserte sich die Ernährungslage der Bauern von da an. In der Gegend um Cainbrai gab es nach 1439 nur eine Hungersnot, während es von 1380 bis 1438 zwölf gewesen waren.

Diese Unsicherheit und Unregelmäßigkeit der Ernten muß man sich vor Augen halten, wenn man sich eine Vorstellung von der täglichen Nahrungsration der Bauern machen will. Die englischen Bauern im 15. Jahrhundert nahmen im Durchschnitt etwa 3200 Kalorien zu sich, also eine Menge, die für einen Menschen mit leichter Tätigkeit gerade ausreichend ist. Auch die Schüler des Studium Papale in Trets (Provence) waren 1364-1365 mit 2600 Kalorien pro Tag nicht besser bedient. Venezianische Seeleute, die eine sehr harte Arbeit verrichten mußten, bekamen dagegen zu Beginn des 14. Jahrhunderts etwa 3900 Kalorien, doch das war weniger als die Ration, die den Turmwächtern im Schloß Saulx-le-Duc zugestanden wurde: etwa 6000 Kalorien, also die Nahrungsmenge für einen Schwerarbeiter. Daraus ersieht man, wie ungleich die tägliche Kalorienration in normalen Jahren war, doch im großen und ganzen war sie höher als in späteren Zeiten. Natürlich waren Ungleichheiten auch sozial bedingt. Die Gäste des Bischofs von Arles, die keinerlei schwere Arbeit verrichteten, kamen auf 4500 Kalorien. Diese Nahrungs- menge war zwar bei weitem ausreichend, aber nicht ausgewogen, da es an Fetten und Vitamin A fehlte. Grund dafür war der hohe Brotanteil - 91 Prozent der gesamten Kalorienmenge wurden durch Brot abgedeckt. Zu einer Zeit, in der Getreide die Hauptgrundlage der Ernährung bildete, war das nicht außergewöhnlich.

 

 

Getreide als Nahrungsgrundlage

Die vorrangige Stellung von Getreide war eine Konstante der Ernährung im europäischen Mittelalter und sogar noch in der Neuzeit. In normalen Zeiten sank die Brotration niemals unter vier- bis fünfhundert Gramm Brot oder vergleichbarer Nahrungsmittel und stieg manchmal bis auf ein Kilogramm. So war es bei den Gästen des Bischofs von Aries der Fall, die im Jahre 1430 pro Kopf nicht weniger als 600 Kilogramm Weizenmehl verzehrten, das heißt 1,6 Kilogramm pro Tag, das Fünffache der derzeitig konsumierten Brotmenge! Diese Brotration machte den Hauptteil der verzehrten Kalorien aus, selbst an Fürstenhöfen. Der Rest - Wein, Fleisch, Fisch, Gemüse, Obst, Fett und Käse - war lediglich Zuspeise zum Brot.

Das bedeutet, daß man Getreide nicht nur in Form von Brot zu sich nahm. In Nord- und Nordwesteuropa (Großbritannien, Flandern) wurde es häufig durch Hafergrütze, frühe Formen von Bier oder richtiges Bier ersetzt. Doch auch wenn man sich auf Brot beschränkt, werden soziale Unterschiede deutlich: Die Oberschicht hatte ein Anrecht auf weißes Weizenbrot, während die Armen sich mit Schwarzbrot oder in schlechten Zeiten mit dem sogenannten ..Hungerbrot" aus Gerste oder sogar Hafer begnügen mußten. "Die Hierarchie der Menschen erkennt man an der Farbe ihres Brotes und der Qualität ihres Getränks", hat Louis Stouff festgestellt.
Wenn auch jedermann sehr viel Brot aß, stellte es im Budget der Armen und der Reichen doch nicht denselben Kostenfaktor dar. In der Komturei des Hospizes in Puimosson (Provence) entfielen zwei Drittel des Nahrungsbudgets für die Ochsenhirten auf Brot, bei den Ordensbrüdern dagegen nur 38 Prozent, obwohl diese besseres, also auch teureres Brot aßen. Eine Erhöhung der Getreidepreise war für Haushalte, die vor allem von Brot lebten, eine Katastrophe, sie konnten nicht ausweichen. Wohlhabende Schichten dagegen kommen auf ihre "normale" Ration an Getreide, wenn sie weniger Fleisch verbrauchten. je höher man sich auf der Stufenleiter der mittelalterlichen Gesellschaft bewegt, desto häufiger und abwechslungsreicher werden die "Zuspeisen'. Vor allem gilt dies für Fleisch, das weit häufiger verzehrt wurde, als man lange glauben wollte. So häufig, daß man sogar von Jahrhunderten des Fleischkonsums sprechen kann.

 

Jahrhunderte des Fleischkonsums

In den letzten Jahrhunderten des Mittelalters erreichte der Fleischverbrauch ein hohes Niveau. Die Einwohner von Carpentras zum Beispiel konsumierten 26 Kilogramm Fleisch pro Kopf und Jahr, die Einwohner von Tours 43 Kilogramm und die Provinzadligen der Auvergne sogar über hundert Kilogramm! Allerdings war das eine Periode des Überflusses, denn später sank der Fleischkonsum beständig. Im 16. Jahrhundert verzehrten die Sizilianer im Höchstfall 10 Kilogramm Fleisch pro Kopf und Jahr, während es ein Jahrhundert früher noch das Doppelte gewesen war. Und im Gegensatz zu dem, was skrupellose Schmeichler geschrieben haben, waren die Bauern unter Ludwig XIV. im Allgemeinen schlechter ernährt als ihre Vorfahren im 15. Jahrhundert. Tatsächlich wurde der hohe Fleischverbrauch des Spätmittelalters erst wieder im 19. Jahrhundert erreicht. Diese günstige Situation ist einerseits zurückzuführen auf vermehrte Viehzucht und andererseits auf die nach den vergangenen Katastrophen gesunkene Bevölkerungszahl! Wenn man von gelegentlichen Hungerjahren absieht, war die Ernährung im Spätmittelalter gesund, üppig und sogar fleischreich. Doch man darf darüber nicht die "Unglücksfälle" vernachlässigen, die vielleicht noch besser als die normale Ernährung Aufschluß über die Rangordnung der verschiedenen Lebensmittel im Abendland geben.

 

   
     
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